Alte LeMuSiCa Rundbriefe

15. LeMuSiCa-Rundbrief September 2004
Vor ein paar Tagen hat sich der Winter nun endgültig aus Chimoio verabschiedet und dem Frühsommer mit noch angenehm warmen Temperaturen Platz gemacht.
Über Mangel an Arbeit können wir uns in keinem unserer Arbeitsbereiche beklagen und obwohl wir räumlich gesehen nun eher abseits, also nicht mehr im Stadtzentrum liegen, ist der Bekanntheitsgrad des Projektes eher gewachsen.
Das hat zum einen mit der doch deutlicher sichtbaren Arbeit mit den Waisenkindern zu tun, aber auch mit den vielen Kampagnen und Seminaren , die LEMUSICA inzwischen veranstaltet oder zu denen wir angefordert werden zu den Themen Gewalt gegen Frauen und Kinder, Gender und Aids sowohl in den Bairros der Stadt, als auch in einigen Distrikten der Provinz Manica und bei Fortbildungsseminaren von Journalisten und Multiplikatoren aus der Zivilgesellschaft. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass sich LeMuSiCa einen festen Platz in der Gesellschaft erobert hat und auch ein Stück exemplarisches Beispiel für eine aktive, weibliche Zivilgesellschaft geworden ist, die von einigen als solche akzeptiert und auch begrüßt , von anderen aber auch kritisiert und beargwöhnt wird. Inzwischen haben wir jedoch gelernt, uns gegen falsche Anschuldigungen zu verteidigen und unseren Standpunkt, vor allem gegenüber provozierenden Fragen von Männern, zu behaupten.
Und dass Männer uns nicht unbedingt lieben, liegt manchmal in der Natur der Sache, die wir vertreten und wozu wir auch andere Frauen überzeugen wollen, nämlich Gewalt nicht als dazugehörigen oder gar notwendigen Bestandteil einer Beziehung zu akzeptieren sondern dagegen anzugehen. Das kann dazu führen – wie im letzten Monat in einem Fall geschehen - dass der Schläger mal für ein Wochenende im Knast verschwindet, was hier in Afrika ein besonders unangenehmer Aufenthaltsort ist. Eine bereits mehrfach geschlagene Frau, die auch einige Tage bei uns im Frauenhaus wohnte, hat mit unserer Unterstützung den Stein ins Rollen bzw. zur Anzeige bei der Polizei , diese wiederum den schlagenden Ehemann sofort hinter Gitter gebracht. Allerdings wollte sie dann den Fall doch nicht vor Gericht bringen und hoffte, dass dieser Denkzettel erst mal genug sein und ihr Ruhe vor weiteren Handgreiflichkeiten bringen würde.
Nun wohnen zur Zeit drei Frauen im Frauenhaus , Judite mit ihrem Sohn, die gleichzeitig als Hausmutter für Waisenkinder fungiert, wenn sich mal die Notwendigkeit ergibt, welche bei uns im Haus unterzubringen, ihre soeben aufgenommene, Aids kranke Schwester, die auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr alleine zu Hause bleiben konnte und Eduarda mit ihren zwei Kindern, deren Mann vermutlich an Aids gestorben ist und deren knapp 4 jährige Tochter Aids hat, wie wir seit kurzem durch einen vom behandelnden Kinderarzt wegen ständiger und anhaltender Krankheit der kleinen Magrete initiierten Test definitiv wissen. Auch die Mutter Eduarda wurde dahingehend aufgeklärt und beraten, sich testen zu lassen und möglicherweise den 6 Monate alten Säugling abzustillen, um eine eventuelle Übertragung von Aids durch die Muttermilch zu verhindern, falls dies nicht schon geschehen , da ein negativer Aidstest bei der Mutter wohl kaum zu erwarten ist. Doch momentan gilt alle Aufmerksamkeit dem kranken Kind, das am 1. September 4 Jahre alt geworden ist und nur noch 9,5 kg wiegt. Noch vor ein paar Tagen hatten wir kaum Hoffnung , dieses Kind noch einmal lachen und spielen zu sehen – doch mit all unserer Liebe und den verfügbaren Kräften scheint fürs erste die schwerste Krise überwunden – heute sitzt sie am Tisch beim Kindergeburtstag, lacht, singt, klatscht und vor allem: isst ! ! Und wir alle freuen uns über diesen ihren Anblick, nachdem wir tagelang mit Trauermiene und sorgenvollen Gesichtern herumgeschlichen sind. Liebe und beständige Zuwendung und Fürsorge scheinen doch kleine Wunder bewirken zu können.
Ein weiterer erfreulicher und erwähnenswerter Umstand ist die Tatsache, dass unser Engagement und unsere Arbeit neben den sichtbaren Erfolgen auch Anerkennung und damit verbundene Spendenbereitsaft bei Menschen und Gruppen in Europa hervorruft: So möchten wir uns an diese Stelle ganz herzlich für eine spontane Spendenaktion von Julia aus Köln bedanken, die unter FreundInnen Gelder für die Betreuung und Behandlung von Aids-kranken Frauen und Kindern im Umfeld von LeMuSiCa gesammelt hat. Astrid, die bei LeMuSiCa ein dreimonatiges Praktikum absolviert hatte und nun in Porto arbeitet, hat in der dortigen Kirchengemeinde ebenfalls und mit Erfolg zu einer Spendenaktion aufgerufen. Dieses Geld werden wir verwenden, um auf einem von uns erworbenen Grundstück außerhalb Chimoios die ersten Bauarbeiten zu beginnen, um dort ein kleines Zentrum für Frauen und Waisenkinder zu errichten. „Frauen helfen Frauen“ haben uns 2.000,-- Euro zur Verfügung gestellt, wodurch wir nun sofort eine neue Mitarbeiterin einstellen und bezahlen konnten, die sich schwerpunktmäßig um die im Haus untergebrachten Frauen und Kinder kümmert und vor allem im Krankheitsfall die notwendigen medizinischen Behandlungen durchführt oder kontrolliert, sowie die Frauen und Kinder gegebenenfalls ins Krankenhaus begleitet. Ein immer wichtiger werdender Teil unserer Arbeit, der sehr zeitaufwendig ist und deshalb nicht von anderen Mitarbeiterinnen nebenbei geleistet werden kann. Und schließlich hat Bingo, die Umweltlotterie, Geld bewilligt, um drei Rundhäuser auf dem Grundstück des LeMuSiCa Hauses zu errichten, mit denen dann auch mehr Platz für die Unterbringung von Frauen und Kindern in Not zur Verfügung steht. Beim ersten Rundhaus beginnen diese Woche die Dacharbeiten und wir hoffen, dass Ende des Monats die erste Frau mit ihrem Sohn und zwei von ihr zu betreuenden Waisenkindern, die schon auf der Warteliste stehen, einziehen können.
Allen genannten und ungenannten SpenderInnen und UnterstützerInnen von LeMuSiCa ein herzliches Dankeschön und Grüße aus Mosambik
 
LeMuSiCa